Reisebericht: Die Exoten auf dem Göta-Kanal in Schweden (2017)

SUPen quer durch Schweden – Natur pur und ein Kampf gegen den Wind

Text und Fotos: Lars Jonetat und Christian Keller

Manchmal sind es Zufälle.Oder einfach nur verrückte Ideen. Oder einige kleine Bemerkung am Rande, die dafür sorgen, dass man ausbricht und sich auf neue Pfade begibt.

Bei einem Telefonat im April zwischen Christian und mir stellten wir fest, dass wir im Sommer eine Woche Zeit haben und irgendetwas draußen machen möchten. Christian, den ich seit vielen Jahren vom Telemark-Skifahren kenne, brachte mich vor fünf Jahren zum Supen. Seitdem verbindet uns nicht nur der Outdoorsport im Winter, sondern auch der gemeinsame Wassersport im Sommer.

Die Idee, eine Woche mit dem Sup, Zelt und einem Campingkocher unterwegs zu sein, war zuerst nur eine Schnapsidee. Doch sie wurde dann immer konkreter. Da wir beide totale Schwedenfans sind und Christian schon mal einen Tag auf dem Göta-Kanal in Schweden unterwegs war, meinte er: „Lass uns den kompletten Kanal von Mem bis Sjötorp paddeln.“ Ich war sofort begeistert, allerdings hatte ich noch nie etwas von einem Göta-Kanal gehört. Aber das war mir egal, und ich dachte mir angesichts mancher coolen Aktion auf Telemarkski, die wir schon zusammen erlebt hatten: „Christian weiß ja, wo man Spaß haben kann“. Nachdem ich mich informiert hatte, wurde mir langsam bewusst, was auf uns zukommt. Die harten Daten: 190 km Strecke, 58 Schleusen und fünf Seen.

Da Christian in Hamburg und ich im Ruhrgebiet wohne, mussten wir bei diversen Telefonaten viele Dinge klären. Trainingspläne, Packlisten und auch Strategien, wie wir den Kanal meistern, wurden besprochen. Christian hatte sich ein Siren Wahoo im vergangenen Jahr gekauft. Da er sehr begeistert war, legte ich damals nach. Aber eines war uns sofort klar: Das ist nicht das richtige Board, um diesen Kanal und die Seen mit unserem Gepäck zu befahren. Wir benötigten ein Allroundboard. Christian rief bei SIREN SUPsurfing an und stellte unser Vorhaben vor. Dabei stieß er auf offene Ohren: Der Geschäftsführer Axel war sofort Feuer und Flamme und ließ uns je einen mola 12.0 XPL zukommen, mit denen wir das Vorhaben angehen konnten.

Das Trainingsprogarmm hatten wir absolviert, das Material war da – dem Abenteuer stand also nichts mehr im Wege. Einen Tag, bevor es losging, trafen wir uns in Schweden und packten probeweise die Boards. Es wurde eingepackt, ausgepackt, umgepackt, gewogen, abgewogen und optimiert, ehe es endlich perfekt war. Jeder hatte ca. 23 Kilogramm Gepäck auf dem Brett sowie einen Rollwagen, um die Schleusen zu überwinden. Christians Sohn fuhr uns zu unserem Start am Kanal, acht Tage später wollte er uns wieder abholen – im günstigsten Fall am Ende des Kanals.

Beim Einstieg wurde uns sofort klar, dass wir in den nächsten Tagen die absoluten Exoten des Kanals sein werden. Bevor wir auf das Wasser gingen, machten nämklich Touristen Fotos von uns. Und auf die Nachfrage, was wir da vorhaben, wurde des öfteren mit skeptischen Blicken und Kopfschütteln geantwortet. Unbeeindruckt davon paddelten wir gut gelaunt los. Wir quatschten viel und legten die ersten Kilometer zurück, bis wir beide merkten, dass der Wind ganz schön drückte und das stetig von vorne. Nach einigen Stunden luden wir gerade die Boards auf den Rollwagen, als uns eine ältere Schwedin mit ihrem Kajak entgegen kam. Wie bei vielen Treffen, die noch folgen sollten, wurde auch hier ein kleiner Smalltalk gehalten. Sie war interessiert, was wir vorhaben, und schien sehr Wassersport erfahren zu sein. Sie meinte, dass sie unser Vorhaben beeindruckend und bemerkenswert findet. Insbesondere, da sie die Idee, von Ost nach West zu fahren, für eine sportliche Herausforderung hielt.

Noch belächelten wir die Aussage und fuhren entspannt und frohen Mutes weiter. Wir kamen weiter voran. Aber es war ein stetiger Kampf – und ab diesem Zeitpunkt wurde der Wind zu unserem leidlichen Dauerthema. Nachdem wir einige Kilometer geschafft und den ersten See (Asplången) überquert hatten, schlugen wir unser Zelt auf. Perfekt ausgestattet, bereiteten wir uns auf unsere erste Nacht vor, bis Christian feststellte, dass seine Isomatte noch im Auto liegt. Die hatte er dort beim Auspacken vergessen. Was tun? Christian setzte erst einmal auf die Gastfreundschaft der Schweden. Er machte sich auf den Weg zu einem bewohnten Schleusenhaus. Und ich – ungläubig, dass es funktioniert – ging auf´s Wasser zum angeln. Kurze Zeit später trafen wir uns wieder. Und Christian hatte nicht nur eine, sondern gleich zwei Isomatten dabei. Die junge Dame aus dem Schleusenhaus war sich nämlich nicht sicher gewesen, ob die Matten dicht sind – und hat ihm sicherheitshalber direkt zwei mitgegeben. Natürlich durfte er eine Matte behalten. So sind sie nun mal, die Schweden. Die Gastfreundschaft war aber nicht nur an diesem Tag beeindruckend, sondern wir profitierten noch einige Male davon.

Abends war immer Social-Media-Zeit angesagt. Wir gründeten unseren Instagramkanal und posteten Bilder. Christian informierte sich dabei über den Wind der kommenden Tage, und spätestens dann kam wieder der Gedanke: warum vom Osten in den Westen?! Wir mussten täglich 20 bis 30 km zurücklegen, um den Kanal zu bezwingen. Das ist nicht übermäßig viel, aber bei 58 Schleusen und immer wieder raus aus dem Wasser, laufen und rein in das Wasser, verging ganz schön viel Zeit. Wir paddelten täglich vier bis Stunden – bis es am dritten Tag, nach kurzem Weg auf dem Kanal, auf den Roxen ging: ein See, der ca. 25 Kilometer lang ist, und wir überqueren mussten. Schon beim Einstieg war der Wind gewaltig. Wir paddelten, was das Zeug hielt. Erst stehend, dann gebückt und schließlich fast hockend. Aber wir hatten keine Chance. Wir schlugen ein Lager auf. Mit Hängematte und Kocher planten wir, ein paar Stunden Rast zu machen, um abends weiter zu fahren. Vier Stunden später redeten wir uns ein, dass der Wind nachgelassen hätte und wir es nun versuchen könnten. Zwei Kilometer später brachen wir aber entkräftet ab. Wir hatten keine Chance gegen die Böen. Auf einer kleinen Insel stellten wir unser Zelt auf. Da die Wind-App für den nächsten Morgen keinen Wind voraussagte, stellten wir den Wecker auf 5:00 Uhr, um den Roxen zu passieren. Das war die beste Idee der Reise.

Um 5:30 Uhr, nachdem wir alles verstaut hatten, ging es los: den Sonnenaufgang im Rücken, ein spiegelglatter See vor uns. Voller Euphorie knipsten wir ein Foto nach dem anderen. So hatten wir uns das vorgestellt. Ein perfekter Start. Zwischendurch machten wir Rast an Land und aßen wieder einmal unseren liebgewonnen Haferschleim. An dem Tag paddelten wir 35 Kilometer ohne Wind und Wellen, dafür mit einem stahlblauen Himmel.Mit geschundenen Händen, übersät von Blasen und müden Armen und Beinen freuten wir uns auf den nächsten Tag. Was uns da aber nicht klar war: Diesen Tag sollten wir so schnell nicht mehr vergessen.

Beim Überqueren des nächsten Sees, dem Boren, wurden uns deutlich, dass so ein Abenteuer auch Grenzen hat. Morgens stärkten wir uns nach ein paar Kilometern in einem Cafe. Dabei hielten wir mal wieder Smalltalk mit Touristen, die gerade mit einem Ausflugsdampfer unterwegs waren und posierten für viele Fotos. Gestärkt von viel Lob und begleitet von den Blicken der Menschen stiegen wir auf die Boards und wollten über den See. Nachdem der schmale Kanal zu dem breiten See wurde, kämpften wir wieder am Anschlag. Wissend, das es noch 20 Kilometer so weiter gehen wird. Nach kurzer Zeit entschieden wir uns dafür, fürs Erste nicht quer über den See zu fahren, sondern die Extrakilometer in Kauf zu nehmen und am Ufer entlang zu paddeln. Der Wind war so stark und die Wellen klatschten über die Boards, dass wir Probleme hatten, stehen zu bleiben.

Der Ausflugsdampfer vom Kaffee kam vorbei, und einige Menschen winkten freundlich. Mit uns selbst beschäftigt und Paddelschlag für Paddelschlag konzentriert zu bleiben, war das eine. Aber vorher von den Leuten gefeiert zu werden und nun wie ein Anfänger auf einem Board zu stehen, das andere. Wir fühlten uns alles andere als wohl in unserer Haut. Zumal Christian und ich uns plötzlich unsicher waren, ob das so leistbar war. Wir hatten dann eine neue Idee. Die Fahrrinne der Schiffe führte quer über den See. Also war der Plan, dorthin zu paddeln und zu versuchen, uns an eins der Schiffe zu hängen. Vielleicht konnten sie uns mit hinüber ziehen. Kurze Zeit später kam ein Katamaransegler 300-400 Meter entfernt vorbei. Wir riefen, winkten, schrieen, pfiffen und machten alle Notsignale, die wir kannten. Aber er fuhr vorbei. Also paddelten wir weiter in der Hoffnung, dass bald ein anderes Schiff kommt. Diese Hoffnung blieb aber aus. Als hätte jemand den Schiffsverkehr für diesen Tag eingestellt. Wir paddelten Stunde für Stunde weiter, aßen PowerBar-Riegel und machten zwischendurch, sitzend auf den Boards, Pause. Langsam kämpften wir uns weiter, bis eine Landzunge näher kam. Abgekämpft und geschunden von den letzten Stunden machten wir Rast und aßen – ja klar – unseren Haferschleim. Gestärkt gingen wir dann die letzten 5 Kilometer an. Als wir diese geschafft hatten, wurde uns klar, dass wir für so eine Aktion gar keine Notfallsachen bei hatten. Was wäre gewesen, wenn ein Board die Luft verloren hätte? Oder einer von uns nicht mehr weiter paddeln könnte? Sollte es eine weitere Reise geben, werden wir daran definitiv denken.

So zogen die Tage vorbei und wir kamen dem Ziel immer näher. Als wir die letzte Nacht vor uns hatten, wollten wir unter freiem Himmel in einem Shelter übernachten. Auf der Karte war eines eingezeichnet, das wir anpeilten. Als wir darauf zu paddelten, lag links das Shelter und rechts genau gegenüber ein traumhaftes Hotel. Nachdem wir unseren Schlafplatz bezogen hatten, wollten wir an der Hotelbar ein „Fast-geschafft“-Bier trinken. Wir fuhren mit den Sups hinüber und machten uns auf den Weg an die Bar. Dort angekommen, kamen wir mit dem Besitzer ins Gespräch. Er war begeisterter Super, hatte mehrere Bretter und liebte es, auf dem Kanal unterwegs zu sein. Wir gaben zu, dass es eine tolle Reise war, aber uns auch nun ganz schön die Knochen weh taten. Irgendwie kamen wir zum Thema Sauna und dass ein Schwedenurlaub ohne Sauna ja eigentlich nicht ginge. Er meinte, dass er neben dem Hotel ein Saunahaus hat, das er uns gerne einheizen würde.

Genau eine Stunde später fuhren wir nur mit einem Handtuch bekleidet über den Kanal, um in die Sauna zu gehen. Zwischen den Saunagängen konnten wir an der Hotelbar, bekleidet mit Handtuch, noch ein Bier holen. Die restlichen Gäste des Hotels amüsieren sich sichtlich darüber. Das war ein perfekter Abschluss vor der letzten Etappe, die wir dann am nächsten Tag locker und entspannt meisterten.

Unser Fazit der Reise fällt durchweg positiv aus: Die Natur, die Ruhe, die unkomplizierte Art und das Land sind immer eine Reise wert. Auch wenn wir viel Wind hatten, haben wir es geschafft und unser Ziel erreicht. Und in einem Punkt waren wir uns einig, die nächste Reise kommt bestimmt.

Folge Christian und Lars auf ihrem Instagram-Account: Supfriendsontour.

Hier findest du alle Info’s zum Board: www.i-sup.de/produkt/mola-12-0-xpl-allround-sup-fuer-strecken-und-abenteuer

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